-Es gilt das gesprochene Wort.-
Hallo Zusammen beim Antifa-Straßenfest,
ich möchte mich nicht nur bei den Kölner Falken bedanken und bei den Leuten von „Kein Veedel für Rassismus“, die das Fest hier heute möglich gemacht haben. Ich möchte mich vor allem bei euch allen hier bedanken oder euch eher Respekt zusprechen, dass ihr euch getraut habt heute hier her zu kommen, zu einer Veranstaltung, die das Wort Antifa im Namen hat. Irgendwie scheint es so zu sein, dass das Wort Antifa einigen Leuten Angst macht, irgendwie respekteinflößend ist, wie bei Lord Voldemort: „Die deren Namen und Strukturen nicht genannt werden dürfen“. Von antifaschistischer Arbeit zu reden ist komischerweise nichts, was man an der Kaffeetafel bei Oma macht oder das man sich gut in die Bewerbungsunterlagen reinschreiben könnte. Man kriegt dann gleich so Blicke als würde man gleich die Sturmhaube aufsetzen und die Terrassentür einschmeißen.
Dabei ist es gerade jetzt, in Zeiten, in denen die Realitäten gerne verdreht werden, wichtig, die Dinge beim Namen zu nennen. Das heißt aus meiner Sicht antifaschistisches Engagement zu benennen als elementare Praxis zwischenmenschlicher Solidarität, als Mittel zur Erhaltung der Demokratie und als unerlässlich im Kampf gegen nationalsozialistische Kontinuitäten. Es ist kein Zufall, dass das Wort Antifa irgendwie provokant klingt, oder dass man sich als junger linker Mensch immer wieder fragen lassen muss, ob Rechtsextremismus und Linksextremismus nicht zwei Seiten einer Medaille sind, es ist Teil der Strategie den Diskurs nach Rechts zu verschieben, es ist Teil einer Strategie, die bewusst das Engagement gegen Nazis und Faschismus als etwas Problematisches markieren will, um ihm mehr Raum zur Entfaltung zu geben.
Es ist ein Spiel des Verdrehens und des bewussten Falschverstehens mit dem Ziel, dass Nazis am Ende dastehen, als diejenigen, die nur ihr demokratisches Recht wahrnehmen und ihre Meinung zu sagen, die ihnen vermeintlich von autoritären Linken verboten wird, die sich mit angeblich problematischen oder sogar gewaltvollen Mitteln durchsetzen wollen. Und das fängt ja oft schon an, wenn z.B. Lehrer*innen in die Lage versetzt werden sollen, ihren Schüler*innen zu erklären, dass es mehr gibt als Heterosexualität. Dann sagen Rechte gerne, dass man dagegen gar nicht mehr seine Meinung sagen darf. Klar kannst du die Meinung sagen, aber dann musst du auch damit leben, dass dich Leute für ein Arschloch halten.
Aber die Meinung, dass Menschen verrecken sollen im Mittelmeer oder an Grenzzäunen abgeknallt werden dürfen, ist tatsächlich auch keine Meinung, die gleichberechtigt neben anderen stehen darf, so wie meinetwegen, ob Ananas auf Pizza legitim ist oder nicht
Die Unterteilung in wertvolle, arbeitsfähige Menschen und wertlose Menschen, z.B. kranke Menschen oder Arbeitslose, das ist nicht so, wie wenn ich sage „ich mag keinen Koriander“ oder „Tyrion Lennister ist der beste Charakter bei Game of Thrones“
Es ist Faschismus. Es ist menschenverachtend. Und sich dagegen zu stellen ist Antifaschismus.
Und ich finde es irgendwie wahnwitzig, wenn wir mutig sein müssen, um zu sagen „Ich engagiere mich antifaschistisch“ . Leute wie die Falken Köln oder „Kein Veedel für Rassismus“ trauen sich das, auch wenn sie dafür manchmal einstecken müssen und sie brauchen dafür euer aller Unterstützung!
Wir wissen schon lange, dass Rassismus kein Randphänomen ist, sondern dass menschenverachtende Einstellungen überall zu finden sind, in letzter Zeit finden wir sie auch immer mehr in den Parlamenten. Und wir erleben gerade sehr deutlich, was immer einer der ersten Schritte ist, den Rechte machen, wenn sie an die politische Macht kommen: Sie denunzieren, sie kriminalisieren, sie nehmen allem und jedem was ihnen nicht passt den Raum und die Möglichkeit sich zu äußern, um die Stimmen der Kritik verstummen zu lassen. Deswegen finde ich es extrem wichtig, dass wir nicht zulassen, dass Antifa ein Wort wird, das man sich nicht traut zu sagen, es ist wichtig, dass wir unsere Straßenfeste so nennen und unsere Jugendgruppen und dass wir es uns aufs T-Shirt drucken lassen.
Bitte lasst euch nicht einschüchtern. Unterstützt antifaschistische Initiativen und wenn ihr findet, dass deren Sticker scheiße sind oder wenn ihr findet, dass Sozialismus sich irgendwie altmodisch anhört oder wenn ihr euch fragt, ob es sowas wie Antisemitismus überhaupt noch gibt und ihr euch deswegen unsicher seid, ob das die richtige Organisation für euch ist: Fragt nach! Wir Falken tun den ganzen Tag nichts Anderes, als mit Menschen darüber zu reden, warum wir das machen, was wir machen. Wir diskutieren das alles gerne mit euch aus. Aber lasst nicht zu, dass Rechts das neue Normal wird. Ich weiß, dass ihr euch das traut, weil ihr so mutig seid, eure Waffel heute hier zu essen, beim Antifa-Fest, statt im Café in der Innenstadt.
In diesem Sinne wünsche ich euch viel Spaß und gute Diskussionen!
Danke und Freundschaft!
Jana Herrmann, Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken Bundesvorsitzende – Chairwoman
Fotos
Video: Nicht nur zum Abschluss wurde auf der Straße getanzt…